Unsere Vereinsgeschichte

„Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum

(Friedrich Nietzsche)

Das Siegtaler Bläsercorps Dattenfeld

– von der Gründung bis zur Gegenwart –

Man schrieb das Jahr 1951. Zu dieser Zeit bestand in der Pfarrgemeinde St. Laurentius Dattenfeld innerhalb des Kirchenchores eine Choralschola von 12 jungen Männern, die es sich zur besonderen Aufgabe gemacht hatten, den gregorianischen Choral zu pflegen. Zur musikalischen Unterstützung kirchlicher Feiern und Feste hatte sich bis dato die Kapelle Albert Knothe zur Verfügung gestellt. Zunehmendes Alter des Kapellmeisters und Mangel an hiesigen Musikern trugen jedoch dazu bei, dass dieser schöne Brauch allmählich eingestellt wurde. Dies war der eigentliche Anlass für die Mitglieder der Choralschola, die Neubildung einer Musikkapelle ins Auge zu fassen.

Der Initiator dieses Planes, Herr Organist Josef Roth, gewann im Nu die gesamte Schola für das schöne Ziel. An einem Abend, dessen Datum nicht mehr bekannt ist, kamen die Interessenten in der Wohnung des Herrn Roth zusammen, und man beschloss die Gründung der Musikkapelle.

Folgende Personen waren mit Freude dabei:

Josef Roth Günter Hundhausen Ewald Schaffrath
Werner Seifer Willi Hundhausen Paul Salz
Bruno Seifer Willi Pick Peter Salz
Leo Mertens Paul Bestgen Rudolf Salz
Ludwig Mertens Berthold Bender Erwin Vogt

Zur Beratung standen folgende Punkte an:

  1. Kapellmeister
  2.  Beschaffung von Noten und Instrumenten
  3.  Einstudierung
  4.  Probelokal

Herr Roth erklärte sich bereit, die Aufgabe des Kapellmeisters, die unentgeltliche Einstudierung und die Beschaffung der Noten und Instrumente zu übernehmen. Auf die ersten Einzelproben in der Wohnung des Herrn Roth traf das Zitat von Wilhelm Busch zu: „Musik wird oft nicht schön empfunden, da meistens mit Geräusch verbunden.“ Doch allmählich lernte man, den Instrumenten auch leisere Töne zu entlocken. Da sich der Kreis der Musikanten ständig vergrößerte, musste man nach einem geeigneten Probenlokal Ausschau halten. Man fand es im Saal der Gaststätte „Zur Linde“, was den oft durstigen Musikanten durchaus entgegenkam. Vielleicht wird so verständlich, dass am 07.05.1952 bereits 31 Musikanten zur Kapelle gehörten. Von daher war es nötig, einen ordentlichen Vorstand zu wählen:

1. Vorsitzender Martin Kolb
1. Kassierer Ludwig Mertens
Geschäftsführer Werner Seifer
Beisitzer Peter Weber und Berthold Bender

In den darauf folgenden Monaten wurde die Kapelle durch vielfaches Auftreten in der Öffentlichkeit bekannt, so dass ein Name für sie gefunden werden musste. In einer zu diesem Zweck am 05.10.1952 einberufenen Versammlung einigte man sich auf den Namen „Siegtaler Bläsercorps Dattenfeld“.

Die Öffentlichkeit, aufmerksam geworden, verpflichtete den Musikverein auch bei weltlichen Anlässen, wie Hochzeiten, Jubiläen, Sport- und Erntefesten, sowie anderen Veranstaltungen. Die Bevölkerung brachte „dem Bläsercorps“ viel Sympathie entgegen. Das Probenlokal war inzwischen zu klein geworden, und es musste Abhilfe geschaffen werden. Gemeinsam mit dem Kirchenchor und unter Beihilfe der Pfarrgemeinde kauften die Bläser eine alte Scheune und bauten sie als Probenraum aus. Dieser Probenraum wurde später zum heutigen Jugendheim erweitert.

Im 5. Jahr seines Bestehens reifte im Siegtaler Bläsercorps eine wichtige Entscheidung. Da alle Musiker auf ein Entgelt für die musikalischen Leistungen verzichtet hatten, waren die angeschafften Instrumente „abgezahlt“; nun dachte man an eine Einkleidung des Musikvereins. Am 10.09.1956 war es so weit: 26 fabrikneue Uniformen mit leicht militärschem Zuschnitt konnten anprobiert werden. Der erste Auftritt in den neuen Uniformen fand bei einem Neujahrskonzert am 06.01.1957 im Saale Höffer in Dattenfeld statt. Zugleich konnte das SBC mit diesem Konzert zum ersten Male ein abendfüllendes Programm mit großer Resonanz vortragen. Dies hatte zur Folge, dass sich die Verpflichtungen mehrten und über die Kreisgrenze hinaus reichten.

Anfang August 1961 wurde Herr Walter Merkel als Dirigent gewonnen. Seiner intensiven und präzisen Probenarbeit war es zu verdanken, dass das SBC sich musikalisch steigerte und vielseitiger wurde. So konnte im Jahre 1968 eine moderne Besetzung gegründet werden, die entgegen der bestehenden Blastanzbesetzung einen neuen, modernen Sound intonierte. Mit drei verschiedenen Gruppierungen war das SBC fortan in der Lage, die unterschiedlichsten musikalischen Erwartungen des Publikums zu erfüllen. Um auch optisch einen stimmungsgerechten Eindruck zu erzeugen, wurde für die Egerland-Besetzung eine wirkungsvolle Tracht angeschafft.

Anfang der 70er Jahre verließen mehrere Musiker den Verein, so dass verstärkt um Nachwuchs geworben werden musste. Erstmals in der Vereinsgeschichte traten junge Damen dem Bläsercorps bei, welche die entstandenen Lücken schließen halfen. Bezeichnend für die folgenden Jahre, war die enger werdende Zusammenarbeit der verschiedenen Ortsvereine. So konnte das SBC am 19.04.1975 ein Gemeinschaftskonzert mit den „Merkelchören“ gestalten, dem weitere Konzerte dieser Art folgten. Aber nicht nur auf musikalischer Ebene konnte der Musikverein verlässliche Partner gewinnen: Die St. Laurentius-Kirmes 1975 wurde erstmalig gemeinsam mit dem kath. Kirchenchor „St. Cäcilia“ durchgeführt, der in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiern konnte. Mit der Freiwilligen Feuerwehr Dattenfeld veranstaltete das SBC am 25.06.78 ein „Strandfest“, das später zu einem erfolgreichen „Park- und Lichterfest“ ausgestaltet wurde. Am 15.11.1981 wurde durch einen Besuch des damaligen Vorstandes in Opfenbach/Allgäu die Freundschaft zwischem dem SBC und der Musikkapelle Opfenbach begründet, einem leistungsstarken bayerischen Musikverein, zu dem die partnerschaftlichen Bindungen schnell enger wurden und zwischenzeitlich zu wiederholten Freundschaftsbesuchen führten. Unvergesslich ist die Teilnahme des SBC am Bezirkstreffen des Allgäu-Schwäbischen Musikerbundes im Jahre 1985, die eine Wiederholung fand vom 13. bis 15.07.2002: ein großartiges Erlebnis, mit über 40 farbenfroh gekleideten Musikkapellen im Festzug mitzumarschieren und auch mit dem preußischen Grenadiermarsch „Fridericus Rex“ in das riesige Festzelt einzuziehen.

Bei einem Rückblick auf das an Episoden reiche Vereinsleben werden unweigerlich Begegnungen mit namhaften Orchestern lebendig: So war das SBC nach anstrengendem Rosenmotagszug in der Kölner Messehalle 3 eingesetzt und stieß dort auf das renommierte Tanzorchester Erwin Kahle. Die Siegtal-Bläser trugen sich schon mit dem Gedanken „einfach abzuhauen“ und lieber Vertragsstrafe zu zahlen, als eine Blamage zu erleiden. Doch mit dem Mute der Verzweiflung nahmen sie den ungleichen „Wettstreit“ auf; Ergebnis: um Mitternacht spielten Erwin Kahles Musiker beim Bläsercorps mit. Unvergessen bleiben die Karnevalsbälle in der Bonner Beethovenhalle, im Wechsel-Spiel mit den Orchestern Willy Berking, James Last und Hazy Osterwald auf der Hauptbühne des großen Saales, gewagt, aber stark.

Jahr um Jahr erneuert sich das Erlebnis, wenn das Siegtaler Bläsercorps in den Uniformen der Blauen Funken-Artillerie von 1870 den weltberühmten Kölner Rosenmontagszug anführt, dies schon seit über 30 Jahren.

Im Sommer 1990 erhielten Vorstandsmitglieder des SBC Kontakt mit einem Musik-Offizier der Garnisonmusik Kosice, dem Zentralorchester der ostslowakischen Streitkräfte. Dieser übermittelte den Wunsch des Armeefähigen deutschen Musikverein. Damit wurde ein geradezu sensationelles Unternehmen eingeleitet. Das SBC nahm den Kontakt auf und erreichte mit der Hilfe des (damals) tschechoslowakischen Militärattachés in Bonn den Besuch der Garnisonmusik Kosice zur St. Laurentius-Kirmes vom 09. bis 12. 08.1991, in einer Zeit also, als der Eiserne Vorhang noch nicht beseitigt war. Unter dem Titel „Klingende Slowakei“ gestaltete das Armee-Orchester ein Konzert in einem überfüllten Festzelt, das die Zuhörer zu Beifallsstürmen hinriss und die Presse zu überschwenglichen Berichten veranlasste.

Die Einladung für die Träger der Kirmes führte das SBC und den Kirchenchor „St. Cäcilia“ zum Gegenbesuch vom 08. bis 12.07.1993 nach Kosice (alter deutscher Name: Kaschau). Schon die Ankunft brachte eine totale Überraschung: Das Armee-Orchester empfing seine Gäste, vollzählig in Uniform angetreten, auf dem Flughafen mit zündender Marschmusik. Was den Mitgliedern von SBC und Kirchenchor in der Zeit des Besuches an Herzlichkeit und persönlichen Freundschaftsbeweisen entgegengebracht wurde, überstieg die Erwartungen bei weitem und hinterließ erlebnisstarke Eindrücke: Fahrt in die Hohe Tatra, Begegnung mit den Karpaten-Deutschen in Mezzenseifen und der Zips, Festhochamt in der St.-Elisabeth-Kathedrale, wo erstmals nach 40 Jahren Sozialismus wieder ein Kirchenchor (aus Dattenfeld) einen feierlichen Gottesdienst gestalten konnte, und das mit Pauken und Trompeten der Garnisonmusik Kosice.

Die Hoffnung auf ein Wiedersehen erfüllte sich durch den erneuten Besuch der Garnisonmusik Kosice und deren Mitwirkung bei der 1100-Jahr-Feier des Kirchspiels Dattenfeld vom 11. bis 14.08.1995, bei der Kardinal Joachim Meissner zu einigen Märschen selbst den Taktstock, des Armee-Orchesters in die Hand nahm.

Inzwischen hatte im Siegtaler Bläsercorps ein wichtiger Wechsel stattgefunden: 1994 legte Walter Merkel nach 33 Jahren vorzüglicher und außerordentlich erfolgreicher musikalischer Schulungsarbeit den Dirigentenstab aus den Händen, und an seine Stelle trat als Dirigent Hansgünther Schröder.

Neue Akzente in der Probengestaltung, wie in der Auswahl der Musikstücke bei stärkerer Berücksichtigung aktueller Kompositionen, brachte rasch einen bemerkenswerten Zugang jugendlicher Musikschüler, so dass sich die Bildung eines Jugendorchesters empfahl. Im Jahre 2001 konnte diese Gruppierung das Frühlingskonzert des SBC anlässlich des 50-jährigen Bestehens mit einem eigenen Programmteil gestalten, sehr zur Freude der Gönner und Freunde des Musikvereins. Dabei darf angemerkt werden, dass auch die sehr geschätzten Frühlingskonzerte ein kleines Jubiläum feiern konnten: Seit 1986 füllen sie die schön herausgeputzte Turnhalle der Gemeinschaftsgrundschule Dattenfeld mit Gästen aus der näheren und ferneren Umgebung, so dass sich ihre Wiederholung in Eitorf und Leuscheid empfahl, wo sie mittlerweile ebenso die Gäste begeistern.

Gegenwärtig umfasst das Siegtaler Bläsercorps Dattenfeld in seinem Stamm-Orchester mehr als 40 Musiker, im Jugendorchester zusätzlich 15 Nachwuchsmusiker. Aufgelockert wird die intensive Probenarbeit durch vereinsinterne Veranstaltungen, z.B. eine alljährliche Familienwanderung, Partnerbesuche in Opfenbach/Allgäu sowie einen gemütlichen Abend, der auch die „Seniorenabteilung der Altgedienten“ einbezieht. Die witzig-schrullige Jahres Chronik des Vereins „Wir wissen´s besser“ ist bei dieser Veranstaltung ein viel belachtes „Highlight“. Es kann in einem umfassenden Sinn für Arbeit und Gemeinschaftsleben des Siegtaler Bläsercorps gelten. Denn Freude an der Musik ist ein Lebenselixier, das dem Einzelnen wie der Gemeinschaft spürbare und erlebbare Vorzüge gewährt.

Und noch immer gilt das Leitmotiv, das bereits das Handeln der Gründer des Siegtaler Bläsercorps bestimmte:

„Zur Ehre Gottes,
zur Unterhaltung unserer Mitbürger und
zur eigenen Freude!“

 

Dies ist ein Beitrag von unserem Bassisten und Chronisten Ernst Patt